Formen von Graffiti

Die Frage, welche Art von Graffiti man vor sich sieht, ist nicht immer einfach zu beantworten, da es inzwischen sehr viele Formen gibt. 

Auf öffentlichen Toiletten können z.B. die Kritzeleien  politische Botschaften enthalten, und auf öffentlichen Gebäuden könnte ein ganz normaler Schriftzug eines Fußballvereins stehen, weil der Künstler ein Fan davon ist.
Ziemlich schwer zu unterscheiden sind heute auch Writing und Streetart, da sie von der Technik her ziemlich gleich sein können. 

 

 

Style-Writing/ Writing

Diese Form dürfte so ziemlich jeder Person bekannt sein, da sie die mittlerweile am weitesten verbreitete Form von Graffiti ist, und man nur schwer an ihnen vorbeikommt.
Beim Writing soll quasi die Signatur des Künstlers möglichst guten Eindruck durch Einzigartigkeit, Ästhetik und Innovation hinterlassen.
Ziel ist es, ein Höchstmaß an Ruhm oder „Fame“ zu erlangen.
Am wichtigsten bleibt die Ästhetik. Ein Writer, der keinen guten Style hat, erhält keine Anerkennung von anderen Künstlern dieser Szene.

 

Vor allem in der Hip-Hop Kultur spielt das Writing eine große Rolle. Es zählt hier der Grundgedanke eines gewaltfreien Wettstreits, wie man es z.B. auch von sogenannten Rap-Battles kennt, wo man einander nur verbale Schläge versetzt. 

Im Gegensatz zur gewalttätigen „Gangkultur“, die auch in Hip-Hop-Kreisen gelebt wird, distanziert sich die friedliche Writing-Kultur ausdrücklich davon. 

 

Exkurs: 

Motivation für Writing

Die Universität Potsdam kam bei Untersuchungen zu verschiedenen Motivationen der Sprayer:

  • Streben nach eigener Verbesserung, Fortschritte machen
  • Positive Emotionen (abschalten vom Alltag, abreagieren, Stimmung verbessern, drogenrauschähnlicher Kick beim Sprühen)
  • Kreativität (Ideen & Vorstellungen verwirklichen, Gefühle ausdrücken)
  • Gruppengefühl (Geborgenheit, Zusammenhalt)
  • Ruhm (englisch: Fame)
  • Lebenssinn
  • Grenzerfahrungen machen (Angst, Gefahr erleben und überwinden)
  • Selbstverwirklichung

Den drogenähnlichen Rauschzustand, den Sprüher immer wieder erleben, hat man sonst nur bei Extremsportlern wie z. B. Felskletterern festgestellt und er tritt überraschenderweise gleichermaßen bei legal (Ruhm und Leistung) als auch bei illegal (Grenzerfahrung) arbeitenden Writern auf. Gleichzeitig bedeutet illegales Malen jedoch auch ein hohes Maß an psychischem und physischem Stress. Dieser Stress kann ein Grund für einen Writer sein, auf legales Malen umzusteigen.

 

Ganggraffiti

Diese Form besteht bereits seit 1930 und hat ihren Ursprung in Los Angeles.
Im Gegensatz zum StyleWriting, wo es sich um Ruhm uns Anerkennung dreht, steht beim Ganggraffiti die „Markierung des Reviers“, oder „Turf“, einer Gang im Vordergrund.
Die Markierungen sollen als Grenze dienen, die andere Gangs nicht überschreiten dürfen.
Kommt es zu so einer Überschreitung, wird dies als Provokation gesehen und teilweise bewusst eingesetzt, um einen Bandenkrieg anzuzetteln.

 

Es wird weniger auf Ästhetik geachtet. Die Buchstaben werden nicht aufwendig oder kreativ mit einander verbunden und ähneln sehr stark Frakturschriften. 

Unter den Ganggraffiti findet man so gut wie keine aufwendig gestalteten, mehrfarbigen Werke. 

 

Politische Graffiti

Diese Form ist weitgehend künstlerisch eher anspruchslos. Wichtig dabei ist, eine anonyme Botschaft zu vermitteln, die Themen betreffen, wie z.B. Ideologie, Religion, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten. Weiters sind sie auch Ausdruck gegen Wut gegen den Staat, die Politik, die Polizei,…

Um möglichst hohe Reichweite mit den Botschaften zu erzielen, werden diese Graffiti an gut sichtbaren Orten angebracht.
Gutes Beispiel dafür waren jüngst die Bewegungen unter dem „Arabischen Frühling“ 2011, wo eine Vielzahl dieser Graffiti am Kairoer Tahrir-Platz zu sehen waren.  

 

 Klograffiti

Unter dem Begriff „Klograffiti“ werden sämtliche Kritzeleien wie Gedichte, Reime, Sprüche, Witze, Liebesbekundungen, Karikaturen, einfache Zeichnungen oder das bloße Hinterlassen von Namen zusammengefasst.
Oft haben sie philosophische, sexuelle oder humoristische Inhalte.
Der künstlerische Anspruch steht eher weniger im Vordergrund, da es sich meist um eine simple Spielerei handelt.

Man findet diese Klograffiti allerdings nicht nur in sanitären Anlagen, sondern auch zB in Gefängnissen, Touristenorten wie zB. Berggipfel, Aussichtstürme,…; auf Baumrinden eingeritzt, …

 

 

Gefängnisgraffiti

Dort entstehen Graffiti meist aus Langeweile. Oft gesehen sind vor allem Namen, Datumsangaben, einfache Zeichnungen.
Als Schreibwerkzeug dienen verfügbare Dinge wie Bleistifte, Kugelschreiber, Filzstifte, Schlüssel oder Nägel.
Eine besondere Variante der Gefängnisgraffiti sind die Malereien, die Studenten während ihrer Haft in den universitären Karzern anbrachten. 

 

 

 

Eine neuer, der Graffiti teilweise ziemlich ähnlichen Kunstform ist 

Streetart

Als StreetArt werden diverse, nichtkommerzielle Formen von Kunst im öffentlichen Raum bezeichnet.
Zeichen aller Art werden im urbanen Raum angebracht.
Im Gegensatz zu Graffiti, „sprechen“ bei StreetArt mehr die Bilder, als das kunstvolle Schreiben.

 

Die StreetArt-Künstler greifen nicht nur auf Spraydosen zurück, um ihre Werke zu kreieren, sondern benutzen auch zB. Marker, Pinsel, Malerrollen, Aufkleber, Poster, usw…. 

Als Präsentationsmedien werden auch nicht nur Wände oder Züge verwendet, sondern auch Stromkästen, Ampeln, Bürgersteige oder sogar Bäume.

Die Techniken der StreetArt und der Graffiti überschneiden sich häufig, weswegen man manchmal auch nur schwer zwischen diesen beiden Formen unterscheiden kann.

 

Angesehene Künstler dieser Branche sind zum einen der „Urvater der StreetArt“ – Gérard Zlotykamien, Keith Haring, Harald Naegeli, Blek le Rat, Bansky, John Fekner und Klaus Paier. 

Graffiti auf Plakaten/Adbusting

Diese Form ist sehr weit verbreitet und wird schon seit langem praktiziert. Diese Form sieht man vor allem bei Plakaten auf denen Personen abgebildet sind.
Diese Personen werden zB. mit Hörnern oder Bärten „verziert“.
Diese Form hat ihre Hochsaison meist zu Wahlkampfzeiten und kann auch eher zu der Kategorie „Klograffiti“ zugeteilt werden.

 

Eine spezielle Form der Plakatgraffiti ist das sogenannte „Adbusting“, dessen Akteure meist aus dem StreetArt  Bereich stammen, und deren Kritzeleien als Konsum- oder Gesellschaftskritik verstanden werden sollen.

 

 

Scratching  (Kratzen)

Die Writer haben ein Problem: die verstärkten Reinigungsmaßnahmen, die ihren Kunstwerken den Garaus machen können.
das Scratching wurde also nur in die Wege geleitet, um dem entgegenzuwirken.
Mittels (Schleif-)Steinen, Sandpapier oder Messern kratzen sie ihre Werke vor allem in Glas- oder Plastikoberflächen. Dies soll bezwecken, dass der Schriftzug länger erhalten bleibt.

 

Etching (Ätzen)

Dies ist eine extrem gesundheitsgefährdende und potentiell tödliche Art von Graffiti. Auch diese Form ist eine Weiterentwicklung aus der Writerszene, um das entfernen ihrer Werke zu verhindern.
Hierbei wird meistens Glas mit hochgiftiger Fluorwasserstoffsäure angeätzt.

 

 

Stencil/Pochoir

Bei dieser Form wird zuerst eine Schablone vorgefertigt, durch die anschließend die Farbe gesprayt wird.
Diese Schablonen stellen meist Symbole mit politischem Hintergrund dar, aber auch gesellschaftskritische Motive sind in dieser Kategorie oft zu finden. 

 

Zinken

Als Zinken werden Geheimzeichen von Gaunern oder Landstreichern bezeichnet, die an öffentlichen Orten angebracht werden, um Gleichgesinnte übder die dortige Situation zu informieren. 
Diese Art der grafischen Kommunikation gibt es bereits seit dem 16. Jahrhundert.  

 

 

Graffiti an Bäumen

Die Baumgraffiti werden in der Forstwirtschaft zur Markierung des Baumbestandes bei Waldarbeiten benutzt, ähnlich wie Markierungen im Straßenbau (technisches Graffiti).

Im Rahmen der ersten Aktion Spechtbaum markierten hunderttausende Natur- und Vogelschützer von Pro Natura und dem Schweizer Vogelschutz, Bäume mit Spechthöhlen. Dazu wurde ein Logo als Pochoir mittels pinkfarbenem Spray auf Brusthöhe an den Stämmen angebracht.