Geschichte der Graffiti

 

Schon im Alten Agypten begann die Geschichte der Graffiti. (ca. um 2700-2200 v. Chr.)
Nicht etwa durch die vielen Wandmalereien in den Tempeln und Grabstätten, sondern schon privat gekratzte Inschriften, die sich auf Tempeln, in Gräbern, auf Felsen oder Statuen befinden.

Die in demotischer, phönikischer, aramäischer, meroitischer, lateinischer und griechischer Sprache eingekratzten Inschriften umfassten vor allem Segenswünsche, Gebete, Verehrungen von Göttern und Tempeleide. 

 

 

Auch in den Städten Pompeji und Herculaneum bei den Römern konntet Graffiti gefunden werden, die Aufschluss über die Lebenssituation der Menschen geben. 
Hier waren vermehrt Graffiti mit sexuellen Inhalten oder Bilder wie zB. Karikaturen oder andere Zeichnungen zu finden.  
In den Arenen waren auch welche zu finden, die von Gladiatirenkämpfen handeln.  

 

Graffiti der selben Art (vermehrt in griechischer als in lateinischer Schritf)  finden sich zB auch im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. in den griechischen Städten Ephesos und Aphrodisias, die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Teil des römischen Reichs waren. 

In Amerika wurden Graffiti bei den Maya in Tikal gefunden, die bist ca. 100. v. Chr. reichen. 

 

Seit dem 16. Jahrhundert findet man in Europa sogenannte „Zinken“ auf diversen Untergründen, die von Landstreichern und Gaunern angebracht werden, um Gleichgesinnte über die lokale Situation zu informieren. So werden diese Geheimzeichen z. B. an Wohnhäusern angebracht, um nachfolgenden Landstreichern anzuzeigen, ob es dort etwas zu erbetteln gibt oder ob man lieber nicht vorsprechen sollte, weil Prügel zu erwarten sind. Diese Symbole finden bis in die heutige Zeit Verwendung.

 

 

Seit Anfang des 17. Jahrhunderts werden Inschriften in den sogenannten „Inscription Rock“ in New Mexico geritzt. Die erste stammt aus dem Jahr 1605 von dem spanischen Conquistador Don Juan de Oñate. Seitdem haben sich ca. 2.000 Personen dort verewigt. Heutzutage ist dies allerdings verboten. Die amerikanischen Ureinwohner haben dort bereits lange vor den Europäern und ihren Nachfahren Petroglyphen (Felszeichnungen) angebracht.

 


 

 In den 1830er Jahren gab es in Paris vermehrt Graffiti, die hauptsächlich von Straßenjungen angebracht wurden. Mehrere zeitgenössische Darstellungen zeigen, wie diese sogenannten „Gamins“ Birnengraffiti malen. Diese Birnengraffiti gehen auf eine damals populäre Karikatur des „Bürgerkönigs“ Louis-Philippe zurück, in der dessen Kopf aus physiognomisch naheliegenden Gründen zu einer Birne verwandelt wurde.

 

 

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert brachten Studenten in den Karzern der Universitäten diverse Sprüche, Bilder und Karikaturen an, so auch der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck 1833 in Göttingen.
 Heutzutage werden diese Gefängnisgraffiti restauriert, um sie der Nachwelt als Zeugnis des damaligen studentischen Lebens zu erhalten.

 

 

Mao Zedong brachte 1915 in den Waschräumen seiner Universität in Changsha eine über 4000 Zeichen lange Schmähschrift über seine Lehrer und die chinesische Gesellschaft an. Damit hält er den Weltrekord für das Graffiti mit den meisten Zeichen.


 


 

Mindestens seit den 1930er Jahren gibt es in den Vereinigten Staaten Graffiti, die von Gangs angebracht werden. Diese Praxis findet auch bis in die heutige Zeit Anwendung. Die Blütezeit der Ganggraffiti war von den 1970er Jahren bis in die 1990er Jahre. Obwohl auch hier das Anbringen von Namen (taggen) eine Rolle spielt, darf diese Art von Graffiti nicht mit dem Writing verwechselt werden.

 


Eine weitere künstlerisch anspruchslose Form des Taggens, die der reinen Markierung dient, wird seit den 1960er Jahren von einigen Fußballfans, die meist der Ultrà-Bewegung angehören, praktiziert. So markieren die Anhänger einer Mannschaft z. B. bei Auswärtsspielen ihre Aufenthaltsorte aber selbstverständlich auch ihre Heimatstadt vorrangig mit ihrem Gruppennamen. Teilweise entstehen jedoch auch großflächige Wandbilder mit Schriftzügen und Vereinsemblemen, welche doch einen gewissen künstlerischen Anspruch besitzen. In dem Fall wird häufig dieFrakturschrift als Vorbild für die Buchstabengestaltung verwendet oder heutzutage ebenso häufig auch der Writingstil. Wie die Ultrà-Bewegung selbst findet diese Praxis ihren Ursprung in Italien.

 

1967 sprühte in der Londoner U-Bahn-Station Islington erstmals ein Unbekannter den Spruch „Clapton is God“. Dieser verbreitete sich daraufhin auch an anderen Orten in London. Heute ist dieses Graffito durch ein berühmtes Foto dokumentiert, auf dem ein Hund an die Wand uriniert, auf dem sich der Schriftzug befindet.

 

Allgemein finden sich im Zuge der APO und Studentenbewegungen der 1960er Jahre vermehrt politische Graffiti. Das wohl bekannteste ist das bereits 1958 entstandene Peace-Zeichen.

 

In den späten 1970er- und frühen 1980er Jahren waren es in Europa, noch vor dem Import des amerikanischen Writings, hauptsächlich Punks, die „taggten“. Hierbei tat sich besondersAmsterdam als Zentrum hervor. Teilweise wurden von den Punks schon Pseudonyme verwendet, jedoch erhoben sie auch eher keinen künstlerischen Anspruch an ihre Hinterlassenschaften, was im allgemeinen Ästhetikverständnis dieser Jugendkultur begründet liegt. Demzufolge gab es auch keine solche Entwicklung zu technisch ausgereiften Werken wie in den USA; die Graffiti behielten den Status von reinen Kritzeleien. Punks waren offenbar auch die ersten die im öffentlichen Raum Stencils in einem künstlerischen Kontext verwendeten.

 

Da sich Graffiti im europäischen Kulturraum zunächst völlig unabhängig von der Writing-Kultur in den USA entwickelten, entstanden hier gänzlich andere Ausdrucksformen. Anders als beim amerikanischen Writing bildete hier nicht die Schrift oder ein Name das Basiselement der Graffitikomposition, sondern vielmehr bildliche Motive.

Hierbei war besonders die Metropole Paris innovativ. Dem Franzosen Gérard Zlotykamien wird zugerechnet, als erster Künstler überhaupt und bereits vor der Entwicklung des Style-Writings im öffentlichen Raum künstlerisch tätig geworden zu sein. Zunächst mit Kreide oder Pinsel, später auch mit Sprühfarbe, malte er erstmals 1963 Strichfiguren, seine „Éphémères“ („die Vergänglichen“/„vom baldigen Verschwinden Bedrohten“), auf Mauern und andere Untergründe.

 

Ebenfalls in Paris verteilte seit 1981 Blek le Rat, anfangs noch als Duo, seine Schablonengraffiti auf diversen Wänden, nachdem er nach eigenen Aussagen kläglich daran gescheitert war, mit seinem Partner ein Piece im amerikanischen Writing-Stil zu sprühen.

1983 gestaltete Claude Costa in der Pariser Metro erstmals dort hängende Plakate mit Pinsel und Farbe um – eine frühe Form des Adbusting.

Seit 1977 sprüht Harald Naegeli, der ‚Sprayer von Zürich‘, seine Strichfiguren auf Wände in diversen Großstädten. Wegen seiner Graffiti in Zürich wurde er 1981 zu neun Monaten Haft und 206.000 Franken Strafe verurteilt. Diese Strafe musste er 1984 absitzen, nachdem er nach Deutschland geflohen und ein internationaler Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden war. Heute ist er ein anerkannter Künstler, dessen Werke von der Stadt Zürich als schützenswert erachtet werden.

 

Neben diesen europäischen, eher der Streetart zuzurechnenden Graffiti-Aktivisten gibt es auch im amerikanischen Kulturraum Sprayer, die diesem Genre und nicht dem Style-Writing zugeordnet werden können. Hier sind unter anderen Keith Haring, Jean-Michel Basquiat und Richard Hambleton als bekannte Vertreter zu erwähnen.

Geschichte des Style-Writings

 

Graffiti-Writing als eines der vier wesentlichen Elemente (neben Rap/MCing, DJing und B-Boying) der Hip-Hop-Kultur hat seine Wurzeln im New YorkEnde der 1960er Jahre. Es besteht jedoch nicht zwingend ein Zusammenhang zwischen Writing und Hip-Hop. Writing ist älter als die Hip-Hop-Kultur, welche erst später alle vier Elemente miteinander vereinte. So sind auch heutzutage nicht alle Writer zwangsläufig zugleich Hip-Hopper.

Das Hinterlassen von Namen ist so alt wie die Geschichte des Graffiti selbst. Schon bei den Alten Ägyptern findet man Zeugnisse dieser Praxis – jedoch nicht in dem Ausmaß, wie es beim modernen Graffiti-Writing der Fall ist.

 

Als Vorläufer des Graffiti-Writings gilt der Schriftzug Kyselak, den der Österreicher Joseph Kyselak im 19. Jahrhundert auf Grund einer Wette an alle möglichen und unmöglichen Stellen schrieb. Diese Art des Markierens von Stellen ist identisch mit dem Prinzip des modernen Taggens in der Writingkultur; jedoch ohne den ästhetischen Aspekt, den die Writer heutzutage an sich stellen. Auch verwendet er noch kein Pseudonym, so wie es später üblich ist.

Ein weiterer Vorläufer ist der Satz „Kilroy was here“, der im Zweiten Weltkrieg von US-Soldaten an die unmöglichsten und seltsamsten Stellen geschrieben wurde. Hier wurde derselbe Name von mehreren Personen gleichzeitig und damit wesentlich stärker verbreitet. Man kann sagen, dass diese Vorgehensweise dem Zusammenschluss von mehreren Writern zu einer Crew bereits ähnelt.

Mitte der 1960er Jahre begann Darryl McCray, sein Pseudonym CORNBREAD in Philadelphia zu verbreiten. Anfangs nur, um die Aufmerksamkeit eines Mädchens zu gewinnen, wurde es danach eine Art Selbstläufer, und er versuchte immer verrücktere Stellen zu taggen, um noch berühmter zu werden. So schrieb er sein Pseudonym u. a. an einen Elefanten im Zoo von Philadelphia und an den Privatjet der Jackson 5. Zu erwähnen ist auch sein Partner COOL EARL. Möglichst waghalsige Aktionen, so wie es bereits Kyselak tat, und der damit verbundene Ruhm spielten somit als zentrales Ziel bereits eine entscheidende Rolle, so wie es auch heute noch für das moderne Graffiti-Writing üblich ist. Ein weiterer bedeutender Schritt weg vom bis dahin ausschließlich vorherrschenden Graffiti als Bestandteil der Gangkultur in Richtung Writing ist ebenfalls CORNBREAD zuzurechnen, da er als erster unabhängig von Gangrevieren, den sogenannten Turfs, im gesamten Stadtgebiet operierte. CORNBREAD war übrigens auch der erste, der eine Krone über sein Tag setzte.

 

Ende der 1960er Jahre schwappte das Phänomen des Taggens nach New York City über, wo es erst so richtig populär wurde. Am 21. Juli 1971 berichtete die New York Times über das Faible eines griechisch-stämmigen Botenjungen, sein Pseudonym TAKI 183 während seiner Botengänge durch die Stadt New York auf diversen Wänden zu hinterlassen. Dies animierte zahlreiche Nachahmer. Das Tagging breitete sich schnell unter den Jugendlichen der ganzen Stadt aus. Es wird gemutmaßt, dass evtl. JULIO 204 bereits vorher mit dem Taggen in New York begann, jedoch nicht die Aufmerksamkeit wie TAKI 183 erfuhr und daher nicht so bekannt wurde.

Mit Markern oder Filzstiften und Sprühdosen brachten die Akteure ihre Kürzel, Zeichen oder Pseudonyme möglichst auffällig an Wänden, Türen, Bänken etc. an. Aufgrund der enormen Anzahl vonWritern, wie die Mitglieder der Szene genannt werden, wurden die Tags immer größer und aufwändiger, und jeder Einzelne musste einen möglichst eigenen, innovativen Style und neue Techniken entwickeln, um aus der Masse von Namen hervorzustechen. Auch die Stellen wurden immer spektakulärer. Die Tagger entdeckten die U-Bahn als hervorragendes Mittel, den Namen leichter zu verbreiten, da so ihr Name durch die Stadt zu den Leuten fuhr und nicht umgekehrt.

Anfang der 1980er Jahre begann der Niedergang des Writings auf U-Bahnen in New York, da die Abstellanlagen besser gesichert und die Züge schneller und öfter gereinigt wurden. Durch die größeren Anstrengungen, die unternommen werden mussten, um die Züge zu bemalen, kam es zu Hoheitsansprüchen einiger Writer auf bestimmte Abstellanlagen und dementsprechend vermehrt zu Gewalt gegen „Eindringlinge“. Dies demotiverte eine große Zahl von Writern. Außerdem durften Sprühdosen nicht mehr an Minderjährige verkauft werden, und die Händler mussten die Sprühdosen in abgeschlossenen Schränken aufbewahren, damit sie nicht mehr gestohlen werden konnten. Trotzdem blieb bis Ende der 1980er Jahre eine noch immer recht große Anzahl von Writern, die weiterhin auf U-Bahnen malten. Erst als 1989 der letzte Zug gereinigt wurde, malten nur noch sehr wenige New Yorker, aus nostalgischen Gründen oder weil sie den Kampf gegen dieMTA nicht verlieren wollten, sowie einige Touristen, die in das „Mekka“ des Writings pilgerten, auf U-Bahnen.

 

Das Writing wurde Anfang der 1980er Jahre auch über New Yorks Grenzen hinaus populär. Dem Franzosen BANDO CTK wird zugerechnet, 1983 das amerikanische Style-Writing nach Europa quasi importiert und hier maßgeblich zu dessen Verbreitung beigetragen zu haben.Besonders aber auch durch die Filme Wild Style, Beat Street und Style Wars, durch die eine breite Öffentlichkeit erreicht wurde, fand die Idee des Writing in den 1980er Jahren vornehmlich in westlichen Kulturen begeisterte Anhänger. Nach dem Ende des Kalten Krieges verbreitete sich das Graffiti-Writing auch vermehrt im Ostblock. Mittlerweile ist es fast auf der ganzen Welt verbreitet, jedoch vorwiegend in Europa, Nord- und Südamerika, sowie Australien. In Entwicklungsgebieten wie z. B. Afrika gibt es bis auf in Südafrika keine lokalen Szenen.

 

Writer, die mit Beginn der Bewegung auf dem jeweiligen Kontinent aktiv wurden, werden heute gemeinhin als Old School (alte Schule) bezeichnet. Es ist üblich, dass auch in einer Stadt die lokalen Pioniere dieser Kultur so bezeichnet werden.

 

Durch die vielen Weiterentwicklungen, die im Writing-Bereich in der jüngsten Zeit gemacht wurden, ist es heutzutage schwierig, die beiden Begriffe Writing und Streetart klar voneinander zu trennen. Viele Techniken überschneiden sich. Manche Writer haben z. B. ihren Namen so weit abstrahiert oder verbildlicht, dass sie zwar weiterhin unter einem Pseudonym bekannt sind, aber im Prinzip nur noch eine Art Logo oder ein figürliches Motiv als Erkennungszeichen verwenden. Andere Writer schreiben ihre Tags oder Bilder in Heimarbeit auf Sticker und Plakate, da diese schneller angebracht werden können. Wieder andere bauen dreidimensionale Plastiken ihres Namens und installieren diese im öffentlichen Raum. All dies sind aber auch Techniken aus dem Streetart-Bereich. Daher findet der englische Begriff Post-Graffiti manchmal Verwendung, der diese technische Weiterentwicklung beschreibt.